Von Afrika gezeichnet, von Afrika berührt
(Khartoum – Lake Tana) – 13.01.-15.01.
Eigentlich wollten wir in Khartoum ja ein paar Tage verweilen, das ein oder andere Problemchen an Grisu beheben und evtl. auch nach Reifen und Teilen Ausschau halten. Aber irgendwie kann uns Khartoum so gar nicht begeistern. Abgesehen davon, dass es sowohl für uns als auch für Grisu deutlich zu heiß ist (bis zu 40°C), ist der angeblich beste Campplatz in der Stadt alles andere als gemütlich. Genau genommen ist es nichts anderes als der Parkplatz eines ziemlich heruntergekommenen Strandclubs. Der „Blue Nile Sailing Club“ ist zwar noch Treffpunkt der gut betuchten in Khartoum, aber wohl eher aus Prestige wegen des guten Nilblicks und der Wasserski-Möglichkeiten. Ansonsten hatte der Platz nichts zu bieten. Die Damendusche existiert zwar, hatte aber keine Wasserleitung! Die Sanitärenanlagen sind im desolaten Zustand und Strom und damit auch Wasser fällt regelmäßig aus. Und das alles für stattliche 15 US-Dollar. So verließen wir Khartoum nach einem Rasttag mit dem Ziel Äthiopien im kleinen Konvoi. Der Rasttag brachte aber noch eine kleine Überraschung. Das seit einiger Zeit erkannte Ölleck an der Ölwanne wurde näher untersucht. Hatte doch tatsächlich jemand bei der Motormontage offensichtlich einen Ölrücklauf zur Ölwanne zu fest angezogen und gleich einen nicht unscheinbaren Riss in der Ölwanne fabriziert. So ganz nach afrikanischer Art wurde mir das natürlich verheimlicht und mit Silikon „gekittet“. Aber die Haltbarkeit war offensichtlich begrenzt. Glücklicherweise konnte ich das Leck mit Kaltschweißmetall schließen.
Neben John und Amy mit ihrem Landy war nun auch Chris auf seiner KTM mit uns auf dem Weg in Richtung Osten. Abgemacht war, dass wir die Pausen gemeinsam machen, und jeder bis dahin sein eigenes Tempo führe. Keine Frage wo wir dabei zu finden waren. Natürlich meist hinten dran. Dafür bekamen wir beim Eintreffen am Kaffeestopp meist schon den Kaffee in die Hand gedrückt. Wir wollten in zwei Tagen bis zum Lake Tana in Äthiopien kommen. Aber schon am Nachmittag des ersten Tages zeichnete sich ab, dass es zumindest für uns schwierig werden würde, das Ziel in dieser Zeit zu erreichen. Während wir eine kleine Pause genossen um der überhitzten Kabine zu entfliehen, stieg Ronjas Temperatur schlagartig. „Ich fühl mich nicht so gut!“ war Ronjas einziger Kommentar und das Fieberthermometer stoppte erst bei 40,0 °C.
Natürlich war unser erster Gedanke „Malaria“. Johanna versorgte Ronja mit Fiebersenkenden Mitteln und Maßnahmen. Als wir einen guten Nachtplatz gefunden hatten war, die Temperatur zumindest deutlich unter die 40er-Marke gefallen. Sorgenvoll verbrachten wir die Nacht ca. 150 km von Gedaref, der nächsten größeren Siedlung und gleichzeitig der letzten im Sudan. Also war das nächste Ziel klar. Ein Labor für einen Malariatest war zu finden. Ungewöhnlich früh rollten wir daher am nächsten Morgen auf der Straße. In Gedaref angekommen war das Labor auch schnell gefunden, dank zahlreicher hilfreicher Menschen. Ohne die wäre der Eingang aber auch nicht zu finden gewesen. Nach langen 15 Minuten stand dann fest. Es ist keine Malaria… ein paar weitere Tests und alles wies auf eine „einfache“ Infektion hin. Schon am gleichen Abend sollte Ronja wieder wild ums Auto springen.
Nach der guten Nachricht verabredeten wir uns an der Grenze. Die anderen wollten schon mal das Prozedere klären und ggf. beginnen, um dann gemeinsam Essen zu können. Doch nachdem Grisu trotz des abgedichteten Öllecks unerhört hohen Ölverbrauch merken ließ und uns zum Nachfüllen stoppen ließ, machte sich unser alter Bekannter 40 Kilometer vor der Grenze wieder lautstark und polternd bemerkbar. Da war es wieder – unser Reifenproblem. Diesmal hatte der rechte Hinterradreifen sich gleich ganz von der Karkasse geschält, dabei den Kotflügel erwischt und diesen wie ein Blattpapier in den Radkasten gerollt. Gleichzeitig bescheinigte mir unser Wagenheber deutliche Altersschwäche, denn die Spindelstange verbog sich eher als, dass sich das Rad vom Boden hob… Nach vier Stunden war das Kotflügelblech mit rohen Kräften wieder zurück geschmiedet, das Rad vom Boden geliftet und das Ersatzrad montiert. Währenddessen garten die Mädels in der Kabine. Aber immer noch besser als draußen von den Fliegen gefressen zu werden. Im letzten Licht erreichten wir Galabat, das Grenzdorf. Unserer Vorhut hatten wir noch telefonisch Bescheid geben können, aber sie waren bereits durch die sudanesische Grenzmühle gekommen und machten sich alleine bis ans vereinbarte Tagesziel. Nachdem die Ausreiseformalitäten im Sudan schnell hinter uns gebracht waren, mussten wir feststellen, das Äthiopien für heute schon geschlossen war. Aber auch nicht weiter schlimm. Einen besser beschützten Schlafplatz kann man kaum finden. Uns allen hatte die Tageshitze und natürlich die Anspannung wegen Ronja und der Panne deutlich zugesetzt und waren wir an diesem Abend so richtig gezeichnet von Afrika.
Dafür sollte der nächste Tag umso schöner werden. Ronja war wieder fit. Die Einreiseformalitäten in Äthiopien waren schnell erledigt und zudem erstmals kostenfrei. Irgendwie hatten wir von Äthiopien nicht viel erwartet. Zuviel war uns über aufdringliche, bettelnde und bisweilen Steine schmeißende Menschen berichtet worden. Auch meine eigenen Erfahrungen von der letzten Reise ließen uns eher eine anstrengende Reiseetappe durch Äthiopien erwarten. Aber je weniger man erwartet, umso mehr bekommt man. Auffällig war natürlich die deutlich dichtere Besiedlung, aber wir sahen deutlich mehr winkende als fordernde Hände. Und das oft zu hörende „You! You! You!“ war fast immer von einer winkenden Hand und einem lächelnden Kindergesicht begleitet. Besonders zwischen unserer weiblichen Besatzung und den Mädchen am Straßenrand ergaben sich regelrechte Kusshandschlachten zur Freude aller. Langsam und mit erkennbarer Mühe erklomm Grisu die Passhöhen auf über 2200 Meter. Endlich war es in Grisu wieder auszuhalten, da die Außentemperatur nun deutlich niedriger lag.
In Aykel hielten wir, um nun sicherheitshalber auch den zweiten neuen Reifen auf der Hinterachse zu montieren und etwas einzukaufen. Die Mädels tauchten ein ins schwarze Getümmel. Kein Schritt mehr ohne eine große Menschentraube. Aber wir waren darauf gefasst und hatten viel Spaß dabei. Zurück im Auto macht sich endlich das Gefühl breit, von dem wir so lange geträumt haben. Wir sind angekommen in Schwarzafrika und berührt von Afrika. Gemütlich tuckerten wir in Richtung Gonder, bogen aber vorher auf eine überraschend schlechte Piste nach Gorgora ab. Dort sollte am Ufer des Lake Tana das „Tim & Kim Village“ liegen. Eine von einem holländischen Päarchen geführte und im Aufbau befindliche Lodge mit dem Ziel die ländliche Entwicklung in dieser Gegend zu unterstützen. Als wir gegen 16 Uhr Ortszeit dort eintrafen war uns klar, dass wir dieses Stück auch ohne Pannen nicht am Vortag geschafft hätten. John, Amy und Chris waren auch erst nach Einbruch der Dunkelheit eingetroffen.
Aber der Weg hatte sich gelohnt. In einer eigenen kleinen Bucht, außer Hör- und Sehweite des Dorfes schmiegen sich einige Hütten in die Landschaft und verschiedene Stellmöglichkeiten für Overlander bieten sich an. Auch für Rucksackreisende ist gesorgt, kleine Strohdächer spenden Schatten wo eigene oder gemietete Zelte aufgestellt werden können. Noch ist nicht alles fertig, aber man kann erkennen, dass hier mit viel Herzblut und Geduld gearbeitet wird. Leider ist der Generator, der die Wasserversorgung betreibt ausgefallen, aber die Sanitärenanlagen werden nun per Hand mit Eimer und Gieskanne mit Wasser versorgt. Genug Helfer gibt es ja. Zwölf Angestellte sind schon durchgehend beschäftigt. Vom Nachtwächter über den Gärtner, die Küchenhilfen und natürlich die Bauarbeiter ist alles vorhanden. Getragen wird das Projekt von einer holländischen Stiftung, die Tim und Kim auch selbst ins Leben gerufen haben. Für uns steht schon bei der Ankunft fest. Hier bleiben wir mindestens ein paar Tage….
Freitag, Februar 5th 2010 at 22:24 |
Ihr Lieben,
ich bin voller Bewunderung und wünsche Euch weiter viel Erfolg und Glück, falls Ihr mal in einer Notlage seit -meldet Euch u. ich werde alle Hebel in Bewegung setzen Euch behilflich zu sein…
Bussi
Ozi