Die Wirren des Zolls
Ohne große Umwege nahm mich ein Mitarbeiter der Spedition nach einigen Unterschriften und Passkopien in die Höhle des Löwens oder der Löwen. Das war auch gut so, denn das Gewirr zwischen den wartenden, gestikulierend Diskutierenden, zahlreichen Schaltern und verschiedenen Gängen, war schon recht unübersichtlich. Der Fall war wohl schon ausreichend bekannt. Auf jeden Fall ging es gerade Wegs ins Büro des Chefs. Er sah sich prüfend meinen Pass an, stellte erneut alle Fragen, die Speditionsmitarbeiter tags zuvor ohne mich bereits mehrfach beantwortet hatte und wollte zudem, das Carnet de Passage sehen, dass der Speditionsmitarbeiter am Vortag versehentlich vorgelegt hatte. Es war schließlich nicht für den Motor nach für Tunesien bestimmt,denn man braucht hier kein Carnet (Zolldokument zur zollfreien Durchreise ausländischer Fahrzeuge). Da darin jedoch die Motornummer notiert ist, und das Carnet nachträglich nicht verändert werden kann, musste es für die Weiterreise mit der neuen Motornummer erneut ausgestellt werden. Auch das hatte der ADAC erledigt. Der Zoll war nun aber versessen darauf, ein Dokument für den Motor zu bekommen, denn der ist ja kein Fahrzeug. Das Carnet gilt aber nicht für Tunesien… weil man hier ja keins braucht… Wenn also kein Carnet, dann muss eben der Pass herhalten. Nach der Absprache zwischen Spedition und Zoll, die mich nach Tunis getrieben hatte, genügte es nun, einen Stempel in meinen Pass zu drücken und dazu zu notieren, dass im Gegenzug zu diesem Motor ein anderer wieder aus Tunesien herausgebracht werden muss. Aber was stört mich mein Geschwätz von gestern. Der Zoll-Kapitän – haben Seeräuber Kapitäne? – wollte nun zusätzlich 500 Dinar Kaution. Natürlich hatte ich die nicht dabei. Ich hatte außer ein wenig Reisegeld und meinem Pass ohne hin nichts mit nach Tunis genommen. Ohne jegliche Regung erkennen zu lassen verschwand der Zoll-Chef… wir mussten warten… während dessen machte sich sein perfekt deutsch sprechender Kollege sich einen Spaß daraus, mich mit meinem französisch und arabisch Fetzen auflaufen zu lassen. Endlich kam der Chef wieder. „Was ist das Auto für ein Typ?“ Diese eigentlich einfache Frage, ist für den Grisu-Reisenden immer eine Herausforderung. Zöllner (auch schon der auf der Fähre) glauben immer jedes Auto von der Typbezeichnung her zu kennen. Erst recht Mercedes. Aber „LA 311“, erntet immer nun Unverständnis, erneutes Nachfragen. Dann hilft nur noch das immer griffbereite Foto von Grisu auf dem Handy. Und alle sind wieder versöhnt bzw. positiv überrascht. Er war nun einverstanden, den Motor in den Pass einzutragen, wenn wir 1000 Dinar Kaution hinterlegen… Ungläubig schaute mich der Speditionsmitarbeiter an. Ich konnte es auch nicht fassen… Das kann ja heiter werden. Für mich gab es nicht viel zu feilschen. Ich hatte ja tatsächlich nichts dabei. Aber genauso unverhofft wie die Forderung auf den Tisch kam, war sie auch wieder weg. Wir können keine 1000 Dinar Kaution hinterlegen machte ich noch einmal deutlich. „Ok, dann machen wir eben nur einen Eintrag in den Pass.“ Und schon waren wir fertig. Naja, noch einige Fotokopien, Stempel und Papierkram, zwischen durch Stromausfall, dann waren wir wirklich fertig. Endlich konnte ich versuchen, den Passeintrag zu entziffern. „Ein Motor mit der Nummer…. vom Typ …. Wurde zum Austausch eingeführt.“ Das ist alles. Im Klartext bedeutet das nun. Aus diesem Eintrag lässt sich nicht ableiten, dass der Pass bei der Ausfuhr des alten Motors hier noch mal vorgeführt werden muss. Wir ersparen uns also einen zweiten Ausflug oder zweifelhaften Versand für die Ausfuhr des alten Motors. Ob’s klappt sehen wir an der libyschen Grenze. Zur Unterstützung erhalten wir in den nächsten Tagen noch ein Fax mit der Bestätigung des Zolls, dass der alte Motor wieder im Zolllager gelandet ist…
An der Spedition wartete schon der Kleintransporter samt Fahrer. Und endlich sehe ich den lang ersehnten Motor. Ralf hat nicht zuviel versprochen. Ohne jegliche Ölspuren steht ein äußerlich bestens intakter Motor vor mir. Nur an wenigen Stellen lässt etwas rostige Patina erkennen, dass es sich nicht um ein Neuteil handelt. Aber der Motor hat ja auch schließlich über 50 Jahre auf dem Buckel….