In die Düne, auf die Düne, durch die Düne oder doch drüber…
03./04.10.09
Wie immer kommt alles anders als wie wo wenn man denken würde, oder so ähnlich… Jedenfalls stand gestern Mittag überraschend Matthias aus Nabeul vor unserer Tür und nach einem köstlichen tunesischen Patisserie-Schmaus war klar, dass die Wasseranlage mal wieder warten muss. Dabei hatte ich sogar hier in Douz letzte Verbindungsstücke günstig bekommen (Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich die ganze Wasserinstallation hier unten gebaut 😉 ). Matthias musste aufgrund eines kleinen Schadens an seinem Offroader kurzerhand seine Tour ins tiefe Dünengebiet abbrechen und hatte nun Zeit und Lust mit uns ein erste Testfahrt zu machen. Testfahrten sind ja dazu da, heraus zu finden, was geht und was nicht geht. Meistens ist es so, dass man als erstes herausfindet, was nicht geht…
Wenn man betrachtet, dass meine letzten Sanderfahrungen rund 12 Jahre zurückliegen und mein Fahrzeug nur zwei Räder hatte und rund 6 Tonnen weniger wog… Kurz um: ein blutiger LKW-Allrad-Anfänger mit einem 54 Jahre alten Brummi in den Dünen, mit drei mehr oder weniger jungen Damen (ich meine natürlich im Vergleich untereinander) als Besatzung. Das kann ja heiter werden. Wurde es auch. Viele Wege führen nach Rom, so auch in die Wüste rund um Douz. Für die, die sich auskennen: wir sind die südliche Piste zum „Cafe“ gefahren. Nach einer Übungsdüne (die sogenannte „Neckermann“-Düne“) – total fest und platt gefahren, dafür aber am Ortsrand – ging’s auf die Piste. Denn die Düne war langweilig. Die Piste umso weniger. Außerdem gab es deutlich weniger Zuschauer. Erst mal langsam ran tasten an die ersten Sandfelder und Sandverwehungen. Zugegeben Dünen sehen anders aus. Aber wie gesagt – man lernt meist als erstes was nicht geht.
Zum Beispiel zu zaghaft mit einem unsynchronisierten Getriebe in ein Sandfeld zu fahren. Ein bisschen Schwung brauchen die 6 Tonnen dann doch. So saßen wir schneller als mir lieb war fest. Ein-/zweimal vor und zurück oder wenigstens versucht, um festzustellen, dass da wohl nur noch die Sandbleche helfen. Beim Aussteigen stellen Fahrer und Passagiere fest, dass die sonst 50 cm hohen Trittstufen plötzlich ebenerdig oder besser eben sandig sind. Grisu liegt mit vorderem Achsdifferenzial, dem mittig liegendem Verteilergetriebe und den Bodenstaukästen auf. Zugegeben, das sah nach meinem Alptraum aus und geistig stellte ich mich auf eine mehrstündige Bergung ein. Aber da hatte ich meine Besatzung schwer unterschätzt. Wir werden bei nächster Gelegenheit unseren Vorrat an Sandschaufeln deutlich erhöhen, um den lautstarken Streit der beiden eifrigsten Sandfans um den besseren Topf zum Schaufeln zu umgehen. Mit vereinten Kräften, viel Spaß moralischer und fachlicher Unterstützung von Matthias (samt Schaufel und einem kleinen bisschen Zugkraft von hinten) war Grisu nach rund 20 Minuten wieder draußen.
Mit neuem Schwung ging es durch diese und die nächste Passage. Die Sandfelder wurden länger, die Verwehungen und kleinen Dünen höher und so fuhren wir uns kurz drauf noch einmal fest. Diesmal aber mit Gefühl und so waren wir ohne großes Graben schnell wieder frei. Ohne Matthias Begleitung hätten wir hier wahrscheinlich enttäuscht umgedreht, im festen Glauben, dass wir an unsere Grenzen treffen. Aber dank kleiner Fahrtipps und dem Service, die Dünenpassagen in seinem Auto bequem auszukundschaften, machten wir gute Fortschritte und überquerten eine Sandpassage nach der anderen. Die Piste ist die ideale Übungsstrecke, denn hat man den einen Schwierigkeitsgrad genommen, ist die nächste Passage meist ein bisschen schwieriger. Drei Kilometer vor unserem Tagesziel erkundet Matthias die letzte und für diesen Tag auch höchste Dünenpassage. Erstmals mit einem langen Stück ohne festen Grund. 2 Stunden zuvor hätte ich dieses Stück für uns als unpassierbar eingeschätzt, zumal der ein oder andere Buckel dabei ist, der unsere Bodenfreiheit ziemlich ausreizen dürfte. Nach ausgiebiger Erkundung entschließen wir uns, es zu versuchen. Schaffen wir es nicht, ist das die schon anfangs befürchtete stundenlange Bergung…
Aber wir haben offensichtlich schnell gelernt. Grisu meisterte auch dieses Stück problemlos. Es hat sich tatsächlich ausgezahlt, beim Ausbau auch auf den Böschungswinkel vorn und hinten zu achten, denn einige der Dünen An- und Abfahrten sind schon recht schroff. Wir erreichen unser Ziel, das Café, und suchen uns einen ruhigen Schlafplatz zwischen den kleinen Dünen ohne Blessuren an Leib und Maschine. Nur das letzte Stück „Wellblechpiste“ hat ohnehin schon etwas lockeren Schrauben zum Abflug verholfen. Am Tagesende haben wir mehr geschafft als viele Grisu zugetraut hätten und vor allem mehr als wir uns selbst nach den ersten Erfahrungen des Tages. Und da wir noch immer Zwillingsbereifung und vollen Luftdruck gefahren haben, ist noch deutlich Spiel… aber wir werden es nicht übertreiben… Und als I-Tüpfelchen hat Johanna auch noch gut die Kamera drauf gehalten…
Julia und Ronja toben sich noch lange in den Sandhaufen aus, denn sie haben nach den beiden Bergungsaktionen den Rest der Fahrt meist schlafend im Auto verbracht. Das ist auch ein Kunststück bei dem „Seegang“. Zu unserer Überraschung wimmelt es in der Wüste nur so von Fliegen. Glücklicherweise verziehen sie sich in der Dunkelheit und suchen uns erst wieder in den Morgenstunden heim. Stattdessen besuchen uns noch ein paar neugierige Dromedare in der Dunkelheit. Und wir genießen eine Vollmondnacht, die fast das Lagerfeuer überflüssig macht.
Zurück geht es am nächsten morgen unspektakulär über eine kreuzende Piste auf kürzestem Wege zum nächsten Teerband. Matthias will wieder heim nach Nabeul und wir hatten ja noch was mit der Wasseranlage vor. Die Fliegen lassen unseren Frühstückstisch fast nicht mehr erkennen. Dafür verbünden wir uns mit einer überraschend zutraulichen Eidechse, die die Fliegen von unseren Frühstückstellern schnappt. Sie ist es auch, die die Kinder den armen Schmetterling vergessen lässt, der seine Flugfähigkeit verloren hat. Julia attestiert ihm eine Sandallergie. „Der muss zurück nach Hohenthann, wo er herkommt.“ Er sieht unseren Schmetterlingen in der Tat sehr ähnlich.
Während meine drei Damen alle schlafen, genieße ich gerade den noch immer vollen Mond auf unserem Dachgepäckträger sitzend. Dank der eigenen Stromversorgung durch das Solarpanel mit 220 Volt-Anschluss fürs Laptop und „afrikanischer“ Handy-Internetverbindung… und alles ganz ohne Fliegen.
Gute Nacht, Marcel
P.S.: die Hähne sind hier übrigens total bekloppt. Anstelle morgens zu krähen, wenn die Leute aufstehen müssen, lausche ich seit ca. 23 Uhr einem Hahnenkonzert, dass jetzt um 1 Uhr seinen Höhepunkt erreicht…
Montag, Oktober 5th 2009 at 22:15 |
hallo marcel und johatnna tolle seite werden euch öfter besuchen hoffe ihr erinnert euch an uns ( camping nabeul ) die netten österreicher mit ihren kleinen land rover. liebe grüße und weiter so
Montag, Oktober 5th 2009 at 23:50 |
An alle, die des Artikel schon mal gelesen ahben: Jetzt hat Marcel Fotos nachgeliefert und ich habe die Daten aus dem GPS-Gerät ausgewertet. Ihr könnt jetzt die Wüstentestfahrt auf dem monitor nachfahren. Per Doppelclick vergrößert ihr den gewünschten Kartenausschnitt. Doppelclick rechts lässt euch wieder höher fliegen. Im Satellitenbild lassen sich Dünen etc. ganz gut erkennen, wenn man nah genug ranzoomt. Sogar die Piste ist gut zu erkennen. Dann kann man sogar sehen, wo Grisu vor und zurück gefahren ist, um aus dem Sand wieder frei zu kommen. Mit dem Knopf „alles Anzeigen“ über der Karte kommt ihr immer wieder zur Ausgangsansicht. Ach ja: Fahrt mal mit der Maus über die Höhenkurve unten und beobachtet die Karte!
Michael
Dienstag, Oktober 6th 2009 at 10:07 |
Gute Weiterfahrt, klingt alles ganz positiv wir sind beruhigt … ´:-) dickes Küsschen an Julia und Ronja von Karolin und Benedikt. Wir denken an Euch Toitoitoi Kai
Dienstag, Oktober 6th 2009 at 12:00 |
Hallo Marcel, Johanna, Julia und Ronja …. super gemacht… feste weiter üben, dann können wir ja die 300 – 400 meter hohen Dünen in der Namib Wüste von Lüderitz nach Walfish Bay anpacken….. grins alles liebe und gute weiter.. Gruss Klaus
Samstag, Oktober 10th 2009 at 02:38 |
Und, habt Ihr es bis zum Cafe de Sahara geschafft? Ich war da schon, und habe mir dort zwischen Cafe, Ölbohrung und Piste meine ersten Blasen geschaufelt 🙂 es war wunderschön! Nachts die Kamele an der Tränke, das leise Rieseln des Sandes, dieser uneschreibliche Sternenhimmel… Ich eneide Euch!!! Hoffendlich kommt Ihr auch nach …oh sh… wie schreibt man das noch… Ksar Girlan, (oder so ähnlich) die herrliche Oase? Beim letztenmal war die Tankstelle zwar besetzt mit zwei Tankwarten, die im Schatten „Mühle“ spielten, aber die Dieselpumpe war kaputt, also tanken = Fehlanzeige!
Gute Fahrt, Euer Max
PS.: Ich bleib wegen der Adresse in Hurgada am Ball.
Samstag, Oktober 10th 2009 at 02:41 |
Und, habt Ihr es bis zum Cafe de Sahara geschafft? Ich war da schon, und habe mir dort zwischen Cafe, Ölbohrung und Piste meine ersten Blasen geschaufelt 🙂 es war wunderschön! Nachts die Kamele an der Tränke, das leise Rieseln des Sandes, dieser uneschreibliche Sternenhimmel… Ich beneide Euch!!! Hoffendlich kommt Ihr auch nach …oh sh… wie schreibt man das noch… Ksar Girlan, (oder so ähnlich) die herrliche Oase? Beim letztenmal war die Tankstelle zwar besetzt mit zwei Tankwarten, die im Schatten „Mühle“ spielten, aber die Dieselpumpe war kaputt, also tanken = Fehlanzeige!
Gute Fahrt, Euer Max
PS.: Ich bleib wegen der Adresse in Hurgada am Ball.
Samstag, Oktober 10th 2009 at 22:50 |
wir freuen uns, dass es euch gut geht. antonia telefoniert oft mit ihrem handy mit julia und hofft offensichtlich, dass diese bald wiederkommt. passt weiter auf euch auf und strapaziert grisu nicht zu sehr.
alles liebe antonia, billa und johanna
Montag, Oktober 12th 2009 at 12:07 |
Hallo Ihr 4,
wir sind leider wieder zuhause angekommen, aber jetzt haben wir Zeit eure Berichte zu lesen und eure Abenteuer zu verfolgen. Die ersten Dünen habt Ihr ja super gemeistert weiter so. Ich werde in regelmäßigen Abständen eure Seite hier verfolgen.
Gruß Tobias (Douz Campingplatz)
Montag, Oktober 12th 2009 at 14:46 |
Servus Nollers!
Wenn euch die kleinen oder größeren Sandhaufen schon nicht aufhalten können, dann werdet ihr das andere was sonst noch so kommt auch schon schaffen. Ich wünsch euch alles Gute und bete auch für Euch, weil ihr das auch gebrauchen könnt.
Anderl
Donnerstag, Januar 21st 2010 at 20:22 |
Ich habe an der Kartendarstellung der Wüstentour nochmal etwas rumexperimentiert und nun ein paar Fotos ihren Koordinaten zugeordnet. Einige liegen nah beieinander. Einfach per Doppelclick in die Karte einzoomen um sie besser auswählen zu können. Unter dem Sattelitenbild/Karte seht ihr ein Höhenprofil. Fahrt mal mit der Maus drüber und beobachtet die Karte.
Der Admin