Emotionale Achterbahn im Sudan…
09.01.2010
Hallo zusammen,
dies ist ein Versuch, aus einem der entlegensten Punkte dieser Reise eine Nachricht zu senden. Es ist irgendwie schon schräg. Wir stehen in der Mitte der nubischen Wüste in der östlichen Nilschleife im Norden des Sudans und haben ein schönes gemütliches „Bushcamp“. Die letzten beiden Tage waren emotionale Achterbahn. Zitat des gestrigen Tages von Ronja: „Die anderen fahren immer, nur wir bleiben immer liegen. Stimmt’s Julia?“ Das gibt mir natürlich schon zu denken, bin ich ja letztlich verantwortlich für das Vorankommen unseres „Hauses“. Zurückschauend ist alles wieder halb so schlimm, aber ich habe in den letzten 48 Stunden schon ein paar mal an unserem Vorhaben gezweifelt.
Nachdem wir unsere kleine Reisegruppe in Wadi Halfa verabschiedet hatten, alle Fahrzeuge waren schließlich heil eingetroffen und problemlos durch den Zoll gekommen, sind wir gestern morgen von Wadi Halfa aufgebrochen in Richtung Khartoum. Dabei führt unser Weg über Dongola und Atbara und über die Pyramiden von Meroe nach Khartoum. Zwischenzeitlich wollten wir gestern kurz mal einen der in der Karte markierten Tempel anschauen, aber er war auf der anderen Seite des Nils (ohne Fähre oder ähnliches) und zwischen Palmen nicht zu erkennen. Stattdessen musste ich erkennen, dass eine dicke Schraube in der linken Vorderachse fehlt.
Aber nach letztendlich überflüssiger Sucherei, und langem Nachdenken habe ich beschlossen, dass es nur eine Staubsicherung ist und die Schraube bis Khartoum durch Klebeband ersetzt. Schon da hatte ich die Hoffnung, John bald wieder zu treffen. Es ist immer gut, einen Automechaniker meine Laien-Theorien überprüfen zu lassen… Wir beschlossen sicherheitshalber, den Frontantrieb vorerst nicht mehr zuzuschalten. Nur zur Sicherheit. Kurz vor Dongola wollten wir dann tanken, das schlechte Gefühl der verlorenen Schraube war schon fast vergessen. Die Tankstelle war zwar trocken, aber beim Versuch herunterzuschalten verabschiedete sich der Kupplungsmechanismus mit einem unschönen Geräusch. Letztendlich war es nur der schraubbare Einstellmechanismus der sich auseinamder gerüttelt hatte. Und nach einiger Zeit war auch das wieder behoben. Währenddessen haben die Kinder die Frauen und Kinder der umliegenden Häuser unterhalten. Völlig ohne unsere Unterstützung haben sie gut eine Stunde die Entertainer für alle „Besucher“ gespielt. Sichtlich mit viel Spaß…
Wir fanden in der angebrochenen Dunkelheit einen akzeptablen Campplatz und gingen erschlagen zu Bett. Zwei Pannen am Tag reichen. Heute Morgen waren wir dann früh auf der Straße, in der Hoffnung heute die Pyramiden von Meroe zu erreichen, wo wir uns vage mit John & Amy verabredet hatten. Nach rund 100 km waren wir dann positiv überrascht. Aus der Wüste kamen John
und Amy von ihrem Nachtcamp zurück zur Straße gerade in dem Moment, als wir vorbeikamen. Wären sie 2 Minuten früher gestartet, hätten wir sie heute nicht mehr getroffen. Wir verabredeten uns, uns in einer Stunde an der Nilfähre in Karima zu treffen. Die Fähren der Hauptstraßen sind aber mittlerweile durch Brücken ersetzt. Das war aber nicht das Problem. Ein starkes schlagendes Geräusch von der Hinterachse brachte erneut einen Pannenstopp. Zuvor hatten wir wg. undefinierter Gerüche bereits unsere Gasflasche evakuiert. Der Verdacht tat sich auf, dass das Differential der Hinterachse nicht mehr recht wollte. Der regelmäßige Check des Ölstands brachte einen etwas stärkeren Verlust zu Tage, aber das Geräusch war nicht zu beheben. Bei sehr langsamer Fahrt (30 km/h) war es zu ertragen. In diesem Moment überholte uns die bereits in Luxor getroffene Gruppe deutscher Reisemobile. Wir hatten sie längst weit entfernt vermutet, denn sie waren einen Tag früher aus Wadi Halfa gestartet. Ingrid und
Achim waren gleich bereit uns bis zum nächsten Ort (Karima) zu ziehen. Ist vielleicht besser für ein beschädigtes Differential. Eine weitere Kontrolle war dort in der Wüste bei dem schlimmsten Sandgestöber unserer Reise bisher nicht möglich. In Karima angekommen war der Sand zumindest weg. Wir trafen John & Amy, die uns schon vermissten und die Hinterachse wurde aufgebockt. Und dann die Überraschung. Ich hab mich noch nie so über einen kaputten Reifen gefreut. Die Innenflanke des linken Reifen hat sich geschält und schlug an den Kotflügel. Die Stelle muss bei den vorherigen Stopps jeweils auf dem Boden gestanden haben. Das Geräusch war lokalisiert und mit dem schnellen Reifenwechsel wieder behoben. Johanna und ich hatten uns schon über Notfallpläne Gedanken gemacht, während die Kinder zur Abwechslung bei Guido und Heidi mitfahren durften… Ende gut alles gut. Und nun stehen wir weitere 100 km weiter in der Wüste und warten was uns morgen erwartet… 🙂 Es gibt halt immer gute und schlechte Tage oder Momente. Und scheinbar werden wir ganz gut behütet… In Khartoum werden wir mal wieder auf Reifensuche gehen. Wie viel einfacher wäre es gewesen, die dummen Dinger schon zuhause zu tauschen…
Die Temperatur ist hier im Sudan übrigens ganz erträglich. Jetzt im Dunkeln haben wir rund 25 Grad. Tagsüber wird es zwar etwas warm, aber bei weitem nicht so heiß, wie es im Frühjahr wird. Bis bald… Marcel
Dienstag, Januar 12th 2010 at 19:31 |
Unglaublich, quasi live aus der sudanesischen Wüste! Toll, dass das geht. War das nun per Sat-Telefon?
Dienstag, Januar 19th 2010 at 02:17 |
wir wünschen weite hin alles alles gut und viel gluck!!!
Donnerstag, Januar 21st 2010 at 17:57 |
Ihr Tapferen! Wir verfolgen immer mal wieder ganz gespannt Euren Blog und finden Euch toll!!! Fahrt weiter behütet und mit hoffentlich nicht zu vielen Pannen!
Eure Tina